Jetzt gehört sie (zu) uns

Dieses Gefühl könnten viele Bremerhavener Bürger am gestrigen Donnerstag gehabt haben. Nach monatelangem, vielleicht sogar längerem, zähen Ringen um den neuen Standort der „Schulschiff Deutschland“ war es gestern soweit. Der Dreimaster wurde von seinem langjährigen alten Standort Bremen-Vegesack nach Bremerhaven an seinen neuen Liegeplatz im Neuen Hafen geholt. Man erwartet in Bremerhaven mehr Zulauf und Interesse als bisher in Bremen zu verzeichnen war. Und ich war bei diesem Ereignis direkt dabei:

Vor noch nicht ganz einem Jahr, ich war gerade nach Bremerhaven gezogen, hatte ich ein wunderschönes Erlebnis, was mir mit Sicherheit lange in Erinnerung bleiben wird. Ich war hautnah vor Ort, als die „Polarstern“ nach ihrer größten Arktis-Expedition nach einem Jahr zurückkehrte in die Seestadt. Das Gefühl seinerzeit ist vergleichbar mit dem gewesen, was ich gestern empfand.

Donnerstag, 26. August 2021: Ich bringe mich auf den aktuellen Standort oder besser gesagt Fahrtort des Schiffes. Am Morgen gegen 6 Uhr ging die Reise in Bremen los. Ich verfolge laufend den Fortschritt der Fahrt. Um 10 Uhr gibt es für mich kein Halten mehr. Ich schwinge mich auf mein Fahrrad und radel zu der Stelle, wo ein rotes und ein grünes Leuchtfeuer die Mündung der Geeste in die Weser kennzeichnen. Dort, so denke ich, bin ich eine der Ersten, die das ankommende Schiff bestaunen und begrüßen werden.

Da kommen sie

Weit gefehlt. Dort angekommen herrscht schon eine Art Jahrmarktstimmung, Viele Autos, sogar Wohnwagen sind dort abgestellt. Noch mehr Menschen haben sich an den Kajemauern aufgereiht, um die Ankunft würdig zu begehen. Fähnchen werden aufgezogen, weiße Bettlaken und andere Stofftücher zur Begrüßung bereit gelegt. Manche Besucher liegen schon mit einer professionellen Fotoausrüstung auf der Lauer. Dann der Höhepunkt: Drei historische Kanonen werden herangerollt und in Stellung gebracht. Und nun heißt es warten. Rundum aufgeregte Stimmen von fröhliche Menschen, auch mich erfasst diese Atmosphäre.

Die Kanonen werden in Stellung gebracht

Immer wieder höre ich hier und da „Ich glaube, jetzt kommen sie!“ Ehrlich gesagt sehe ich nichts, dann aber doch. Gegen 10.30 nähert sich eine Begleitflotte aus kleinen und mittleren Booten. Die „Hansa“ ist dabei, ich kann die „Geestemünde“ und die„Wal“ ausmachen. Begleitet wird der ganze Konvoi von zwei Tonnenlegern, die ihre Begrüßungsfontänen die gesamte Zeit über in die Luft sprühen und so zu einem stimmungsvollen Bild beitragen.

Ja, und dann ist er da, der große Moment. Die „Schulschiff Deutschland“ zieht an uns vorbei. Laut donnernd werden die Kanonen abgefeuert, was auch prompt mit einem Signal vom Schiff aus beantwortet wird. Ein Gänsehautmoment, so faszinierend, dass ich leider im entscheidenden Augenblick vergesse, den Auslöser meiner Kamera zu betätigen. Ärgerlich, aber auch wieder nicht. Dabei zu sein ist eigentlich mehr als die halbe Miete. Ich gleiche das Defizit damit aus, dass ich das Schiff gleich am nächsten Tag auf seinem nun endgültigen Platz erneut besuche und auch fotografiere. Selbst mit eingezogenen Segeln macht es eine geradezu majestätische Figur. Ich nehme mir vor, in absehbarer Zeit einen Besuch auf dem Schiff einzuplanen. Ein Besuch auf diesem herrlichen Schiff ist nämlich ab sofort nicht nur möglich sondern auch sehr erwünscht.

Ach ja, das sind die Erlebnisse, die meine neue Heimatstadt zu meiner Stadt machen. Die Abwechslung, die diese Stadt ihren Bewohnern ebenso wie ihren Gästen bietet, ist einfach unübertroffen. Mein nächster Besuch gilt einem Museum, aber nicht irgend einem sondern dem „Auswandererhaus“, ein Museum der Superlative.

„Schulschiff Deutschland“ in ihrem neuen Heimathafen